Vor einiger Zeit fragte ich Lukas von meinefinanziellefreiheit.com, ob Startup-Gründer ihre Finanzen anders organisieren sollten, als „normale“ Angestellte. Lukas verfasste daraufhin folgenden Gastartikel. Der klassische Weg zur finanziellen Freiheit startet ja typischerweise aus einer unselbständigen Tätigkeit heraus und ist oft durch den Wunsch geprägt aus dem Hamsterrad zu entkommen. Startup-Gründer haben eine andere Ausgangssituation und andere Motivationen, es liegt daher nahe auch das Finanzsetup ein wenig zu justieren, könnte man argumentieren. Ob dies tatsächlich der Fall ist und wo ggf. Anpassungen erforderlich sind, beschreibt der heutige Artikel. Ich freue mich sehr, dass dieser Artikel in Kooperation mit startup-berlin.com entstanden ist und damit auch auf dem Netzwerk der Berliner Startup-Szene erscheint!

Schon in einigen vorherigen Artikeln habe ich das MFF Kontomodell und das entsprechende Finanzsetup für die finanzielle Freiheit zusammengestellt. Zur Übersicht und Wiederholung für all jene, die nicht alle Artikel gelesen haben, seien die wesentlichen Punkte genannt:

Dem Grunde nach ist das MFF Kontomodell und Finanzsetup auch für Startup-Gründer bestens geeignet. Aus meiner Sicht ergibt sich aber in fünf Aspekten der Bedarf für Anpassungen bzw. Ergänzungen. So kann nämlich der spezifischen Chancen- und Risiken-Situation im Gründungsfall Rechnung getragen werden.

1) Strikte Trennung der Startup-Aktivitäten von den privaten Finanzen

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Die Gründung des Startups mag schleichend erfolgen und sich aus der privaten Sphäre heraus entwickeln. Dies kann so beabsichtigt sein – siehe meinen Artikel zum 4-Stunden-Startup – oder auch zufällig passieren.

In jedem Fall ist aber die strikte Trennung der Startup-Aktivitäten von den privaten Finanzen zu empfehlen. Einerseits muss es die oberste Maxime sein, das Privatvermögen vom Schicksal des Startups zu trennen, kann dieses doch (Stichwort fail fast) auch rasch in der Pleite enden. Andererseits wird nur durch die Trennung der beiden Sphären die volle Cash-Flow-Wahrheit hergestellt. Sowohl im Privaten, wie auch beim Startup sind Geldein- und -ausgänge dann klar abgegrenzt. Dies ist ein Wert an sich, werden doch so Quersubventionen vermieden und es wird ein ggf. schwaches Geschäftsmodell rigoros offengelegt.

Um diese strikte Trennung herzustellen, empfehlen sich eine Reihe von Vorkehrungen. Die beste und eleganteste Lösung ist sicher das Start-Up in die Hülle einer GmbH zu packen. Dadurch wird nicht nur eine eigene juristische Person geschaffen, sondern auch ein etwaiger Rückgriff auf den/die Gründer gänzlich ausgeschlossen. Wenn die Gründung einer GmbH (noch) nicht erfolgt, empfiehlt sich jedenfalls die Trennung von Geschäfts- und Privatkonto. Das oben zusammengefasste MFF Kontomodell kann dann für die privaten Finanzen angewendet werden.

2) Notfallfonds

Im MFF Kontomodell ist der Notfallfonds fix vorgesehen. Sinn und Zweck des Notfallfonds ist, unvorhergesehene Ausgaben abzudecken, die bei Nicht-Bezahlung zu erheblichem Nachteil führen. Dabei kann es sich um alle möglichen Schicksalsschläge und Notsituationen handeln. Z.B. plötzlicher Jobverlust in Folge Insolvenz des Arbeitgebers, langer Krankenstand in Folge eines Sportunfalls, teure Getriebereparatur am eigenen Auto das zum Pendeln erforderlich ist, Sturmschaden am Dach des Eigenheims, etc. All diesen Ereignissen ist gemeinsam, dass sie a) unerwartet und nicht planbar sind, b) einen hohen negativen Einfluss auf unsere Finanzen haben und c) doch mit geringer Wahrscheinlichkeit eintreten.

Der Notfallfonds stellt also letztlich einen Puffer für Unvorhergesehenes dar, und soll so Vorsorge gegen Risiken treffen bzw. diese Risiken in Form von Cash-Flow-Belastungen ausgleichen. Startup-Gründer sind, wie schon zuvor erwähnt, einem besonderen Risiko ausgesetzt, nämlich, dass das Startup sich doch nicht zur disruptiven Cash-Cow bzw. dem nächsten Uber entwickelt, sondern kläglich scheitert. Die Konsequenz kann längere finanzielle Dürre für den Gründer bedeuten, bis die wirren der disruptiven Bauchlandung verkraftet sind. Typischerweise empfehle ich das Dreifache der monatlichen Ausgaben als Notfallfonds. Startup-Gründern würde ich eine Verdopplung des Notfallfonds empfehlen, also 6 Monate aus den Mitteln des Notfallfonds überbrücken zu können. Dies soll insb. der Tatsache Rechnung tragen, dass early stage Startups viel riskanter sind, als typische Angestelltenverhältnisse.

3) Private Finanzplanung

Startup-Gründer sind gewohnt einen (mehr oder weniger realistischen) Business Case für ihre Venture aufzustellen. Zwischen Finanzierungsrunden ist eine wichtige Kennzahl stets, wie lange das Geld noch reicht. Genau diese Analyse empfehle ich auch den Gründern für ihren privaten Bereich! Gerade Gründer, die aus einem Angestelltenverhältnis kommen und ihr eigenes early state Startup gründen, werden nicht auf ein üppiges Gehalt + fringe benefits ansprechen können. Vielmehr ist es durchaus wahrscheinlich, dass sich der/die Gründer mit einem bescheidenen Gehalt zufrieden geben müssen. Entsprechend muss sonnenklar sein, wie lange das private Budget ausreicht, um die Gründung des Startups voranzutreiben.

Eine entsprechende private Finanzplanung erlaubt die Cash-Flow-Belastung durch die laufenden Lebenskosten abzuschätzen und so vorauszuplanen, wie lange der Gründer ggf. auch ohne Erfolg und damit einhergehenden Gehaltserhöhungen auskommen kann. Richtigerweise kann man für den Fall, dass sich der Gründer kein angemessenes Gehalt bezahlt auch davon ausgehen, dass er auf Umwegen dem Startup Eigenkapital aus der eigenen Tasche zuführt…

4) Für persönliche Risiken Vorsorge leisten

Wie bereits erwähnt, geht der Startup-Gründer zuweilen ein großes berufliches und finanzielles Risiko ein. In „finance speak“ übersetzt könnte man auch sagen, dass die Cashflows aus dem Startup sehr unsicher bzw. riskant sind. Es leuchtet daher ein, dass zusätzliche Risiken für den privaten Bereich möglichst ausgeschlossen werden sollen. Es soll nicht zu einer zusätzlichen Risikoerhöhung kommen.
Daher rate ich dringend dazu an, sämtliche unwahrscheinlichen, aber besonders gravierenden Risiken entsprechend durch Versicherungen abzudecken. Jedenfalls erscheinen mir eine umfassende Krankenversicherung sowie eine Berufsunfähigkeitsversicherung als angebracht. Sicher ist hier auch ein Beratungsgespräch mit einem unabhängigen Versicherungsexperten gut investierte Zeit!

5) Investments

Wie bereits seit einem Artikel zum Thema Asset Allocation vor rund 1 1/2 Jahren bekannt ist, verfolge ich einen sehr pragmatischen Ansatz zu diesem Thema. Von komplizierten Aufteilungen auf zig verschiedene Asset-Klassen halte ich wenig, auch nehme ich Abstand vor häufigem Rebalancing, da das für den Hausgebrauch meines Erachtens nicht praktikabel ist.

Wichtig für Startup-Gründer ist allerdings, dass das im Startup gebundene Eigenkapital sowie etwaige nachrangige Gesellschafterdarlehen in der Asset Allocation als „risky assets“ berücksichtigt werden müssen. Das mag offensichtlich klingen, doch hat es wichtige Implikationen: i) wird so der Aktienanteil entsprechend niedriger ausfallen und ii) das Portfolio ohne Startup-Eigenkapital wohl eher defensiv ausgerichtet sein. Insgesamt sollte auch im Bereich der Investments nämlich vermieden werden, dass zusätzliche Risiken aufgenommen werden.

Insgesamt zeigt sich also ein sehr interessantes Bild: Während die Grundmechanismen und Systeme für die finanzielle Freiheit auch von Startup-Gründern genutzt werden können, müssen doch einige Justierungen vorgenommen werden. Diesen Anpassungen sind vor allem dort angebracht, wo Risiken für die privaten Finanzen weiter gesenkt werden können. Damit wird der Tatsache entsprechen Rechnung getragen, dass das Startup per se ein großes Risiko für die persönlichen Finanzen darstellt.

Seid ihr selbst Startup-Gründer? Wenn ja, wie organisiert ihr Eure Finanzen? Wie geht ihr mit dem enormen Risiko aus dem Startup um? Habt ihr weitere Tipps und Hinweise? Freue mich sehr auf Eure Kommentare und ggf. weitere Anregungen! Danke.

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